“Zwei Dinge sind wichtig: Mut und Ausdauer!”

21. Juni 2021

Frau Ackermann, Sie sind seit 2019 Juniorprofessorin an der Universität Heidelberg und damit eine der wenigen, die solch eine Professur innehaben. Wie sind Ihre Erfahrungen als Juniorprofessorin bisher? Welche Vor- bzw. welche Nachteile sehen Sie?

Ich habe bislang sehr positive Erfahrungen auf dieser Stelle gemacht und in den letzten zwei Jahren viel Neues lernen dürfen, insbesondere auch was die Themen und Prozesse innerhalb der universitären Selbstverwaltung angeht. Zudem schafft eine Juniorprofessur aus meiner Sicht viel Eigenständigkeit und Sichtbarkeit innerhalb der Community. Bei Stellen mit tenure-track kommt natürlich die Aussicht auf eine Entfristung hinzu. Aber auch Juniorprofessuren ohne tenure-track, wie ich beispielsweise eine innehabe, bereiten aus meiner Sicht sehr gut auf eine spätere Tätigkeit als Professorin vor.

Wussten Sie schon immer, dass Sie Professorin werden wollten?

Nein. Ich habe während meines Studiums der Politik- und Verwaltungswissenschaft an der Universität Konstanz erst nach und nach meine Begeisterung für die Forschung entdeckt. Glücklicherweise bin ich schon damals Menschen begegnet, die mich gefördert und unterstützt haben. Das ist aus meiner Sicht ganz entscheidend. Übrigens glaube ich nicht, dass sich eine wissenschaftliche Karriere am Reißbrett planen lässt. Es gehört auch immer wieder Glück dazu. Zumal ich als Erste aus meiner Familie an einer Universität studiert habe und sehr wenig über das Wissenschaftssystem wusste.

Sie haben an der Universität Bern promoviert. Wie sehr unterscheidet sich das System dort von dem in Deutschland? Welche Vor-bzw. Nachteile gibt es?

Die Unterschiede sind nicht gravierend. Trotzdem fand ich es bereichernd, in einem anderen Land forschen und unterrichten zu dürfen. Besonders die internationale Ausrichtung der Schweizer Politikwissenschaft hat mir sehr gefallen. Außerdem konnte ich unter sehr guten Rahmenbedingungen promovieren, z.B. mit einem eigenen Budget für Konferenzreisen, was ich sehr zu schätzen weiß.

Sie waren nicht nur in der Schweiz, sondern haben einen Teil Ihres Post-Docs an der Universität in Amsterdam verbracht. Wie wichtig sind solche Forschungsaufenthalte Ihrer Meinung nach in Hinblick auf spätere Professuren?

Ich habe sowohl die Zeit in der Schweiz als auch meinen Forschungsaufenthalt in Amsterdam zunächst einmal fachlich und persönlich als sehr bereichernd empfunden. Außerdem konnte ich mir in beiden Ländern ein Netzwerk aus Kolleg:innen aufbauen, mit denen ich in regelmäßigem Austausch stehe und kooperiere. Vernetzung ist wichtig. Für mich steht trotz aller Konkurrenz immer der Teamgedanke in der Wissenschaft im Vordergrund; es macht einfach mehr Spaß, gemeinsam mit anderen an interessanten Fragestellungen zu arbeiten. Gleichzeitig hilft ein gutes Netzwerk, mit Herausforderungen im Wissenschaftsalltag umzugehen. Schließlich kann das persönliche Netzwerk aber auch für die Universität, an der man arbeitet, von Bedeutung sein, wenn daraus beispielsweise eine Forschungskooperation entsteht. Ein Forschungsaufenthalt kann also nicht nur einen persönlichen, sondern auch einen kollektiven Nutzen entfalten.

Welches war die bisher größte Herausforderung Ihrer akademischen Laufbahn? Und wie haben Sie diese gemeistert?

Der Umgang mit Rückschlägen ist aus meiner Sicht eine große Herausforderung. Das gilt natürlich für viele Bereiche, trifft aber auf die Wissenschaft im Besonderen zu. In jedem Paper und in jedem Projektantrag stecken viel Energie und Herzblut. Man muss lernen, damit umzugehen, wenn die eigene Arbeit in kompetitiven Verfahren abgelehnt wird. Aus meiner Erfahrung ist der Austausch mit Kolleg:innen für diesen Lernprozess wichtig und hilfreich. Es würde sicher auch helfen, wenn wir als Community einen offeneren Umgang mit diesem Thema finden und nicht nur unsere Erfolge sichtbar machen würden.

Publikationen gelten als eine der wichtigsten Währungen in der Wissenschaft. Welchen Tipp würden Sie Nachwuchswissenschaftlerinnen geben, die erfolgreich (d.h. in international anerkannten Journals) publizieren möchten?

Ich kann hier natürlich nur für meinen Forschungsbereich sprechen, aber ich denke, zunächst muss der Inhalt stimmen: eine relevante Forschungsfrage, ein klares Argument und eine überzeugende empirische Analyse. Mir hilft es außerdem, meine Arbeiten auf internationalen Konferenzen zu präsentieren und so schon frühzeitig Feedback zu erhalten. Die Qualität der Papers hat davon immer profitiert. Und wie so häufig in der Wissenschaft sind auch beim Publizieren zwei Dinge wichtig: Mut und Ausdauer.